Das Legalteam für Alle hat eine Auswertung seiner Arbeit geschrieben, die Ihr hier ungekürzt gelesen könnt. Es gibt sie auch auf dem Blog des Legalteams.
Als „Legalteam für Alle“ haben wir uns an den diesjährigen Aktionstagen
gegen die Braunkohleverstromung im Rheinland beteiligt. Im Rahmen der
Aktionstage fanden Blockaden von Schienen auf denen Kohlezüge fahren,
Besetzungen von Baggern in den Tagebauen und Sitzblockaden auf
Kraftwerkszufahrten statt -sowohl als Massenaktionen (Ende Gelände,
Kohle erSetzen) als auch als Kleingruppenaktionen (oft unterstützt von
Zucker im Tank).
Als Legalteam haben wir Workshops und individuelle Beratungen angeboten,
sowohl auf dem Klimacamp, dem Connecting Movements Camp, im Camp for
future als auch im Hambacher Forst. Zudem haben wir den
Ermittlungsausschuss für die stattfindenden Aktionen gebildet, also
versucht den Überblick über die von der Polizei gefangen Genommenen zu
behalten und ihnen zu helfen. Außerdem haben wir im Vorfeld dabei
unterstützt, Flächen für die verschiedenen Camps zu bekommen.
1) Suche nach Campflächen
Wir sind in die Suche nach Flächen für die Camps in dem Moment
eingestiegen als klar wurde, dass die Suche nach privaten Flächen
erfolglos sein würde und die Campflächen versammlungsrechtlich
durchgesetzt werden müssen. Dass in der Region Bäuer*innen zögern, ihre
Flächen einem Camp gegen Kohle zur Verfügung zu stellen, liegt nicht nur
daran, dass viele mit RWE verbandelt sind, sondern auch, dass die
Polizeidirektion Aachen im Vorfeld Briefe an Landwirt*innen verschickt
hat und auch Anrufe und Besuche durch RWE und Polizei stattgefunden
haben. Dies ist eine Einschüchterungsstrategie, die in der Region aber
scheinbar keine Neuheit ist. Zudem zeigte sich schon hier die
Zusammenarbeit von Polizei und RWE, womit sich die Polizei klar auf der
Seite von RWE positioniert, ihre Neutralitätspflicht verletzt und das
Demonstrationsrecht behindert.
Es folgten zahllose Mails und Briefwechsel mit Versammlungsbehörde und
städtischen Behörden – die Details wollen wir euch ersparen. Wichtig
ist, dass wir die Camps letztlich versammlungsrechtlich durchsetzen
konnten und uns auch gegen die schikanösen Auflagen zur Wehr gesetzt
haben. Jedoch steht fest: Es wurde wieder einmal massiv erschwert, sich
mit vielen Menschen gegen Kohle bzw. für eine sozial-ökologische
Transformation zu versammeln. Wieder einmal haben sich auch hier die
Autoritäten mit aller Kraft gegen linke Politik gestellt. Das Recht
politische Camps auf Privatgelände oder öffentlichen Flächen
durchzuführen ist es wert in den Rechtsstreit zu gehen und zeitgleich zu
überlegen, wie Camps auf anderen Wegen durchgesetzt werden können. So
werden wir auch weiterhin für die politische Freiheit kämpfen, sich über
einen längeren Zeitraum und auch über Nacht versammeln zu dürfen.
2) Polizeiliches Handeln bei den Aktionen
An vielen Stellen wurden von der Polizei temporär Kontrollposten
eingerichtet, Personalien kontrolliert und Busse durchsucht. Dabei
wurden an den Aktionstagen Strohsäcke (als vermeintliche
Passivbewaffnung) beschlagnahmt. Zudem wurde die Bewegungsfreiheit
größerer Gruppen zum Teil über Stunden hinweg eingeschränkt und diese
erst nach langen Verhandlungen zu angemeldeten Versammlungsorten
weiterziehen gelassen.
Auch 2017 gab es im Rheinland wiederholte Polizeigewalt1 (zum Problem
mit dem Begriff sei auf unten stehende Fußnote verwiesen), vor allem bei
Räumungen von Blockaden, teilweise aber auch völlig unerwartet.
Bei der Räumung von Sitzblockaden wurden Schlagstöcke, Pfefferspray und
Schmerzgriffe eingesetzt und Menschen in die Seite gestoßen, um sie
voneinander zu lösen. Dabei trugen zahlreiche Personen blaue Flecken
davon, einige wurden am Kopf gezogen. Mehrere Personen berichten davon,
dass sie von der Polizei bei der Räumung zunächst getragen, dann jedoch
aus einer Höhe von etwa 60cm absichtlich fallen gelassen wurden. Beim
Gehen riss ein Polizist mit Schwung sein Knie hoch gegen den
Oberschenkel einer Person, von zahlreichen weiteren Tritten auch in den
Rippen, Brust- oder Bauchbereich wurde berichtet. Eine eingeforderte
Röntgenuntersuchung wurde von der Polizei in der Gefangenensammelstelle
verweigert. Bei einer anderen Person, die auf den Schienen-Schotter
gepresst wurde, setzte sich ein Beamter auf ihr Ohr.
Durchweg verhielt sich die Polizei respektlos, schikanierte die
gekesselten Menschen (besonders massiv beim roten Finger) und beleidigte
sie sexistisch und rassistisch während lange andauernder
erkennungsdienstlicher Behandlungen vor Ort. Teilweise durften Menschen
in den Kesseln nur pinkeln, wenn sie ihre Personalien angaben,
O-Ton-Polizei: „Straftätern werden keine Grundbedürfnisse gewährt“. In
einer anderen Situation in der es darum ging, dass ein Polizist
Aktivist*innen den Kopf schmerzhaft herumgerissen hatte: „Ihr seid
linkes Dreckspack, mit euch kann man das machen!“. Zudem wurde uns aus
mehreren Blockaden und Kesseln berichtet, dass die Polizei sich
unterschiedlich verhielt, je nach Anwesenheit von Presse und Kameras und
dass sich Polizist*innen gegenseitig darauf hinwiesen, sich weniger
gewalttätig zu verhalten, wenn ihre Handlungen gefilmt wurden.
Anders als vor zwei Jahren bei Ende Gelände 2015 hatten wir jedoch den
Eindruck, dass ein gewalttätiges Vorgehen nicht von der Einsatzleitung
angeordnet war (damals gab es gezielte massenhafte und für die Situation
komplett ziellos erscheinende Angriffe der Polizei auf Aktivist*innen).
Dieses Jahr war sehr unterschiedlich, wie gewalttätig und brutal die
einzelnen Polizeieinheiten und Polizist*innen agierten. Wir wollen die
Gewalt damit nicht verharmlosen. Aus unserer Sicht macht es jedoch einen
Unterschied, ob einzelne Beamt*innen gewalttätig werden oder die
Gesamtstrategie darauf zu setzen scheint. Zudem stellen wir
bedauerlicherweise zumindest bei einigen von uns eine gewisse Gewöhnung
fest, wir rechnen bei Ereignissen wie Aktionstagen gegen Kohle im
Rheinland schlicht bereits mit Polizeigewalt und sind dann fast schon
positiv überrascht, wenn es weniger gewalttätig wird als angenommen.
Diesen makaberen Effekt sollten wir selbstkritisch reflektieren.
Auch die einzeln ausgeübte Gewalt beruht auf strukturellen Ursachen
innerhalb der Polizei, wie beispielsweise der Einkasernierung der
geschlossenen Einheiten (Hundertschaften), die durch die Angewiesenheit
aufeinander den Korpsgeist und den bestehenden Hass auf Linke oder Ökos
stärkt und Aggressivität fördert. Einen durchaus lesenswerten Artikel
dazu findet ihr hier.
Innerhalb des Legalteams wird kontrovers darüber spekuliert, inwieweit
es sich bei dem zum Teil beobachteten mäßigenden Einwirken einzelner
(auch leitender) Beamt_innen auf andere Polizist_innen um Courage
handelte oder gezielt die Strategie „guter-Bulle-böser-Bulle“ eingesetzt
wurde.
In den Gefangensammelstellen in Mönchengladbach und Aachen, in die im
Verlaufe der Aktionstage mehrere hundert Menschen verbracht wurden,
verwehrte die Polizei den Eingesperrten ihre gesetzlich geregelten
Rechte vielfach. So wurden Personen gezwungen sich zu entkleiden, ihnen
wurde verwehrt Anrufe zu tätigen, teilweise untersuchte die Polizei
sogar Körperöffnungen und sie wurden nicht über die Rechtsgrundlagen der
Ingewahrsamnahmen unterrichtet, schon gar nicht die
nicht-deutschsprachigen Menschen. Eine richterliche Anhörung zur
Verhängung eines Langzeit-Unterbindungsgewahrsams fand bei mehreren
Personen durch die geschlossene Zellentür und ohne Dolmetscher*innen
statt, sodass die betroffenen Personen überhaupt nicht einschätzen
konnten, was gerade passierte. Vielen Personen wurden nach der
Ingewahrsamnahme ihre persönlichen Gegenstände nicht oder nicht
vollständig wieder ausgehändigt (das reichte von Schuhen bis zu
Trommeln. Beschlagnahmte hochwertige Kameras wurden von RWE Securities
(!) zunächst der Polizei gar nicht erst übergeben). Besonders bei
Kleingruppen ging die Polizei bei der erkennungsdienstlichen Behandlung
brutal vor, presste die Hände mit Zwang auf die Lesegeräte oder machte
Fotos durch starkes Festpressen des Kopfes. Das Legalteam und einer
unserer Anwälte wurde seitens der Gefangensammelstelle belogen,
beispielsweise über die Frage, ob noch Personen inhaftiert seien oder
dass niemand mehr in der Nacht freigelassen würde.
In der Pressearbeit der Polizei ist uns aufgefallen, dass diese
wiederholt auf eine angebliche Lebensgefahr für die Aktivist*innen
hinwies, zum Beispiel durch eine angeblich nicht gesperrte Zugstrecke,
weshalb die Polizei dort geräumt hätte. Allen Beteiligten war jedoch
klar, dass sich die verschiedenen Akteur*innen durchaus mit den Gefahren
im Tagebau und auf Bahngleisen beschäftigt hatten und entsprechende
Vorkehrungen getroffen hatten, sodass die behauptete Lebensgefahr so
nicht existierte. Unserer Einschätzung nach soll diese Propaganda von
Polizei (und auch RWE) die Aktivist*innen als unverantwortlich
darstellen und andere von ähnlichen Aktionen abschrecken.
Sehr bemüht waren Teile der Polizei um eine Kommunikation mit den
Aktiven gegen Braunkohle. Der Polizeipräsident kam mehrfach ans
Klimacamp und sein persönlicher Referent sowie der Kontaktbeamte
Hinteregger (der auch für den Hambacher Forst zuständig ist)
kommunizierten auch mit uns als Legalteam, gaben tatsächlich Auskunft
über aktuelle Ingewahrsamnahmen und ermöglichten eine unbürokratische
Lösung, indem sie beschlagnahmte Samba-Instrumente beim Camp vorbei
brachten. All dies waren Informationen bzw. Taten, die erforderlich
wurden, weil an anderer Stelle die Polizei massiv Grundrechte missachtet
hatte und die Instrumente widerrechtlich einbehalten hatte sowie
Personen aus der Gefangenensammelstelle nicht telefonieren ließ. Ob dies
Teil der Polizeistrategie war oder Zufall, wissen wir nicht, jedenfalls
ermöglichte es dem Kontaktbeamten und dem Polizeipräsidenten Gespräche
mit uns anzufangen, Gespräche die wir geführt haben, um Menschen zu
unterstützen. Nach Einschätzung einiger Menschen aus dem Legalteam
dienten die Gespräche nicht in erster Linie dazu, uns zu helfen, sondern
vor allem zur Informationssammlung, die letztlich zumindest gegen die
Braunkohlegegner*innen verwendet werden sollen, die sich nicht an
Gesetze halten. Denn die Aufgabe der Polizei bleibt es, Protest und
Widerstand gegen RWE zu unterbinden bzw. ungefährlich zu halten, auch
wenn sie das mit unterschiedlichen Mitteln versucht.
Unsere Spekulation zur Polizeistrategie ist, dass die Polizei eine
Presseberichterstattung wie 2015 fürchtete (in der die massiven
Gewaltausbrüche thematisiert wurden und die Polizei schlecht wegkam),
das bestätigte auch der Polizeipräsident Weinsbach persönlich. Weiter
möglich ist, dass die Polizei(führung) erkannt hat, dass es in den
vergangenen Jahren nicht funktioniert hat, die Bewegung durch massive
Gewalt oder das Überziehen mit Verfahren klein zu bekommen und sich
damit abgefunden hat, dass es wenige Tage im Jahr Ausnahmezustand im
Kohleabbaugebiet gibt. Und wir den Kampf dahin gehend gewonnen haben,
dass die Polizei es für sinnlos hält, an der Stelle weiter zu
eskalieren, sondern versucht, den Protest zu managen bzw. damit
umzugehen. Die Gefahr für uns besteht darin, dass der Widerstand zu
einem Ritual verkommt und berechenbar wird. Das zeigt unserer Meinung
nach auch, wie wichtig es ist, auf verschiedenen Ebenen, überall und
jederzeit, widerständig zu sein, auch außerhalb der Aktionstage.
3) Praxis der Personalienverweigerung
Weil es um die Personalienverweigerung größere Debatten gibt und da in
unserer und der polizeilichen Praxis viel Bewegung ist, möchten wir auf
diesen Aspekt und die diesjährigen Erfahrungen damit gesondert eingehen.
Die Erfahrungen aus den Aktionen der Klimacamps der letzten Jahre, von
Ende Gelände und aus dem Hambacher Forst zeigen, dass durchaus vielfach
mit Erfolg die Personalien verweigert werden konnten.
Vor den Aktionen
Vor Beginn der Aktionen haben wir viele Beratungen gemacht. Wir konnten
in diesem Jahr eine Verschiebung der Debatte vom OB zum WIE feststellen:
Es gab Fragen von Personen, die sich unsicher waren, wie das
grundsätzlich läuft bei der Personalienverweigerung oder ob das in
bestimmten Fällen sinnvoll sei. Vermehrt haben sich Fragen zur konkreten
Ermittlungspraxis der Polizei: „Mit welchen Datenbanken werden die
Fingerabdrücke und Fotos abgeglichen?“ (soweit wir wissen momentan nur
polizei-interne) und die Fragen dazu, wie es konkret gelingen kann, die
ED-Behandlung zu erschweren, zum Beispiel zum Abkleben der
Fingerabdrücke mit Sekundenkleber oder zur Unbrauchbarmachung mit
Rasierklingen.
Wir haben beobachtet, dass für viele die Personalienverweigerung im
Kontext von Anti-Braunkohle-Aktionen dazu gehört, auch für Menschen die
sich das vorher nicht vorstellen konnten wurde das zur Option. „Ende
Gelände“ hatte erklärt, die „kollektive Nicht-Angabe von Personalien im
Kontext der geplanten Massenaktionen für eine sinnvolle Strategie“ zu
halten und gute Erfahrungen damit gemacht zu haben. Vielleicht auch
daraus resultierend haben deutlich weniger Personen direkt Rat beim
Legal Team gesucht zur Frage, ob sie Personalien verweigern sollen oder
nicht.
Während der Aktionen
Während der Aktionen verweigerten viele Menschen die Personalien, wie
viele können wir nicht sagen. Bei den Sitzblockaden von „Kohle erSETZEN“
gaben die meisten, aber nicht alle ihre Personalien an, bei „Ende
Gelände“ verweigerte ein Großteil, viele gaben aber auch die Daten raus.
Auch bei vielen Kleingruppenaktionen wurden die Personalien verweigert.
Die Polizei hatte sich in soweit auf die Situation eingestellt, dass sie
mobile Fingerabdruckscanner dabei hatte. Ein Teil der Leute wurde damit
direkt vor Ort in Kesseln abgearbeitet, ein Teil wurde in die
Gefangenensammelstellen gefahren.
Einige Aktivist*innen setzten Sekundenkleber ein, um ihre Fingerabdrücke
unkenntlich zu machen. Ob das bei den elektrischen Scannern hilft, ist
umstritten. Anhaltspunkt dafür, dass es zumindest manchmal hilft ist,
dass die Polizei mit Lösungsmitteln arbeitete um den Sekundenkleber zu
entfernen. Dieser Aufwand führte dazu, dass in einigen Kesseln die
Polizei die Fingerabdruck-Abnahme beendete und nur Einzel-Fotos von den
Aktivist*innen machte, um sie später wieder identifizieren zu können.
Am Rande sei erwähnt, dass es auch andere Gründe als die Verweigerung
der Personalien für Ingewahrsamnahmen gibt: So wurden einige der „Kohle
erSETZEN“-Menschen wegen der Nicht-Befolgung eines Platzverweises
mitgenommen.
Direkte Auswirkungen
Wir konnten in diesem Jahr (anders als in den letzten Jahren) nicht
beobachten, dass die Polizei mit Fotos nach Einzelnen fahndete und Autos
entsprechend kontrollierte. Schon vor, aber auch während und vor allem
nach den ersten Aktionen richtete die Polizei Kontrollstellen ein und
kontrollierte die Personalien von Personen in Autos, Bussen oder
vereinzelt auch auf Fahrrädern. Viele fragten beim Legalteam nach den
Rechtsgrundlagen und Handlungsmöglichkeiten.
Ein juristisches Vorgehen gegen die Kontrollen rund um das Camp während
der Aktionstage blieb erfolglos (Kontrollstellen auf dem Weg zu einer
Versammlung seien legal). Das heißt nicht, dass das immer so ausgehen
muss. Direkt vor Ort stellte sich aber vor allem die Frage nach dem
konkreten Umgang damit. Positiv nahmen wir wahr, dass Personen sich nach
den Grundlagen erkundigten und fragten, wie sie die Polizei davon
abbringen könnten (z.B. darf bei einer Verkehrskontrolle nur die
Fahrer*in kontrolliert werden). Eine Strategie gegen diese Kontrollen
und ein kollektiver Umgang damit fehlte jedoch weitestgehend. Eine
Möglichkeit wäre, die Kontrollen für die Polizei möglichst ätzend zu
machen, ob durch Konfetti, Kreide, Tröten, Überidentifikation, spontan
angemeldete Demos u.ä. Klar ist jedoch, dass hier das Legalteam keine
Antworten für alle geben konnte und kann, sondern alle Akteur*innen und
Aktivist*innen sich überlegen müssen, dass zum Personalien verweigern
auch überlegt werden muss, was das für An- und Abreise bedeutet und wie
der Umgang mit Kontrollen gestaltet werden kann.
Was wir in der Beratung rund ums Thema Personalienkontrollen noch
wahrgenommen haben, war die starke Angst vor diesen Kontrollen bzw.
einer Identifizierung allgemein. Wir halten diese Angst für zu wenig
thematisiert als Argument gegen die Personalienverweigerung, auch weil
sie ein Abschließen mit der Aktion noch schwerer ermöglicht, als wenn
mensch bloß nicht weiß, was jetzt von der Polizei und Justiz kommt.
Dieser Angst müssen wir entgegenwirken. Es ist ein Erfolg von
Repression, wenn die Menschen aus Angst identifiziert zu werden, nicht
in die nächste Aktion gehen oder früher abreisen um Kontrollen zu
entgehen. Auch wenn eine Person identifiziert wird, geht die Welt nicht
unter. Jahrzehntelang haben Menschen ähnliche Aktionen gemacht und ihre
Personalien angegeben. Ein Strafverfahren ist vielleicht nervig (kann
aber auch politisch eine Chance darstellen), verläuft aber oft genug im
Sand und selbst wenn nicht sind die Strafen selten existenzbedrohend.
Ob die Anonymität das Gewaltrisiko durch die Polizei erhöht, ist nicht
zweifelsfrei festzustellen, aber möglich. Denn so haben die einzelnen
Polizist*innen weniger Angst vor Verfolgung ihrer Taten, da verprügelte
Aktivist*innen, die anonym bleiben wollen, wohl kaum gegen die
Polizist*innen aussagen. Durch die Personalienverweigerung werden auch
verwaltungsrechtliche Klagen gegen Polizeimaßnahmen erschwert. Außerdem
war es konkret bei den Aktionen dieses Jahr für Menschen schwerer (oder
zumindest bestand das Gefühl), sich um beschlagnahmte und nicht
zurückgegebene Sachen zu kümmern. Im Resultat hat sich das Legalteam
darum gekümmert – natürlich auch ohne die Identität von Einzelpersonen
gegenüber der Polizei preis zu geben.
Was lernen wir draus?
Als Legalteam sind wir der Meinung, dass auch dieses Jahr die
Personalienverweigerungen weitgehend erfolgreich verliefen. Um damit
weiter zu machen, muss jedoch ein Umgang mit der Angst vor der
Identifizierung im Allgemeinen und ein Umgang mit Personenkontrollen im
Speziellen gefunden werden. Menschen dürfen nicht unter Druck gesetzt
werden, die Personalien zu verweigern.
Wichtig bleibt auch: Das Polizeiverhalten ist nicht verlässlich und
berechenbar: Es können Personen mitgenommen werden, die ihre Personalien
angegeben haben. Die Polizei kann alle wieder laufen lassen oder
versuchen, einzelne in U-Haft zu stecken (wie 2016).
Wir freuen uns auf die nächsten Aktionen!
Mit widerständigen und solidarischen Grüßen,
euer Legal Team für Alle
Ein Gedanke zu „Legal-Team-Auswertung zum Klimacamp 2017 und den Aktionstagen“
Es würde mich interessieren, ob es nicht einen Versuch wert währe, gegen einzelne Beamte juristisch vor zu gehen.
Oder, was darf die Polizei, und was nicht?